Je nachdem, mit wem man über die Digitalisierung der Wirtschaft spricht, reicht das Wahrnehmungsspektrum von einem Schreckensszenario, das bewährte Geschäftsmodelle außer Kraft setzt, bis hin zur wundersamen Verheißung, die Marketing, Vertrieb und Produktentwicklung revolutioniert.

So verschieden diese Einschätzungen auch sein mögen, eins ist klar: Unternehmen stehen vor großen Herausforderungen. Sie müssen althergebrachte Strukturen und Prozesse überdenken, anpassen und gegebenenfalls aufgeben. Doch wissen viele Unternehmen nicht, wie sie diese immensen Veränderungen angehen, geschweige denn, ihren Mitarbeitern schmackhaft machen sollen.

Häufig fehlt es zudem noch immer am Bewusstsein, dass der Wandel ganzheitlich vollzogen werden muss. Aber das muss er. Sonst droht die Katastrophe.

Und genau dieses Bild sollten die Verantwortlichen von der Digitalisierung zunächst auch zeichnen: den drohenden Zusammenbruch des Unternehmens. Denn: Ohne Schock kein Impuls zum Wandel. Dafür müssen die Führungskräfte möglichst konkret und ungeschönt aufzeigen, was mit dem Unternehmen und damit mit jedem Einzelnen passieren kann, wenn sie sich der digitalen Transformation verweigern: Wettbewerber aus der Branche und Branchenfremde ziehen dann nämlich vorbei, Margen und Marktanteile schrumpfen, Investitionen können nicht mehr getätigt werden und das Unternehmen ist insgesamt nicht mehr wettbewerbsfähig.

Das wiederum bedeutet: Mitarbeiterentlassungen drohen und im schlimmsten Fall sogar der Untergang des gesamten Unternehmens.

Ein schwarzes Bild? Sicher. Aber real. Doch das Schreckensszenario ist nur der erste Schritt: Um die Mitarbeiter nicht vollends zu demotivieren, benötigen Führungskräfte eine klare Zukunftsvision. Gleichzeitig müssen die Verantwortlichen konkrete Schritte aufzeigen, die handwerklich sauber definiert sind und kurzfristig klare, messbare Erfolge ermöglichen. So machen sie ihren Mitarbeitern Mut und zeigen, dass Wandel möglich ist.

Die drohende Katastrophe ist der Treibstoff, die Zukunftsvision die Richtung. Die wichtigste Rolle aber spielt die Unternehmenskultur. Wie wird mit Innovationen umgegangen? Welche Ansätze gibt es? Wo tut sich Widerstand auf? Es bedarf einer Fehlerkultur, die Mitarbeiter beteiligt und die bereits den Willen zur Veränderung belohnt. Ferner müssen Führungskräfte den Weg frei machen für Menschen mit Macher-Qualitäten. Das bedeutet leider auch, dass einige Mitarbeiter in der neuen Organisation nicht mehr gebraucht werden. Sie bringen das notwendige Opfer fürs Überleben.

Dass alle Kollegen den – mitunter schmerzhaften – Kurs mittragen, ist für den gesamten Transformationsprozess essenziell. Um sie mitzunehmen und für den Wandel zu begeistern, ist es unabdingbar, ihre Arbeit nicht nur wertzuschätzen, sondern auch en Detail zu verstehen. Denn nur so können Chefs glaubhaft aufzeigen, wie Technologien Arbeitsprozesse optimieren können.

 

Dieser Beitrag wurde zuerst auf WiWo.de am 16. September 2015 veröffentlicht.