Bei uns Cribb‘lern schlagen zwei Herzen in einer Brust: Eins für unseren Hauptsitz an der Elbe, und eins für unseren Standort an der Spree. Wir glauben an Berlin, haben ein eigenes Büro vor Ort und sind dort regelmäßig anzutreffen. Warum? Nähern wir uns dieser Frage über die Rahmenbedingungen, die Gründungen ermöglichen, fördern und erfolgreich werden lassen.

Vorab: Ich möchte hier nicht Stellung beziehen zu den aktuellen Diskussionen, die Michael Kroker mit seinem lesenswerten Artikel „Bei Berlins Startups ist die Party vorbei“ in der Wirtschaftswoche angestoßen hat. Viele gute und schlüssige Argumente und Fakten, wenn auch in Teilen überspitzt – was an dieser Stelle in Replik auf die “boulevardeske Negativstory” durchaus gestattet sei – hat Ciarán O’Leary bereits in seiner Antwort gegeben. Auch das Lesen dieses Artikels sei an dieser Stelle empfohlen.

Nun zu den eingangs angesprochenen Rahmenbedingungen: Ja, der Gründungsstandort Deutschland und damit auch Berlin wird bis heute ambivalent betrachtet. Es existiert eine angemessene Anzahl von staatlichen Förderprogrammen für neue und wachsende Unternehmen (für diese und einige weitere Aussagen sei gesagt: sicher, da geht noch was!). Dieser Standortvorteil drückt sich aber bei den Gründern gefühlt eher auf die Quantität der angebotenen Unterstützungen als auf deren Qualität und Effektivität aus. So ergab der GEM Länderbericht für Deutschland aus dem Jahre 2010, dass

– Unternehmensgründungen auf ein vielfältiges Angebot an qualifizierten Arbeitskräften zurückgreifen können. Aber: Die Wahrnehmung unter den Befragten ist, dass die Rekrutierung nur unter großen Schwierigkeiten erfolgt.

– die Kultur in Deutschland das Erreichen des individuellen Erfolgs durch eigene, persönliche Anstrengungen begünstigt. Jedoch gibt es eine Diskrepanz hinsichtlich der Bereitschaft des Einzelnen zur Übernahme des unternehmerischen Risikos.

– Deutschland als eine der großen – auch weltweit angesehenen – diversifizierten Volkswirtschaften eine Vielzahl von Möglichkeiten für den Aufbau neuer Geschäftsideen und Unternehmen bietet. Gleichzeitig herrscht das Gefühl vor, dass nur Wenige über das dringend notwenige Wissen und die Fähigkeit zur Unternehmensgründung und -führung verfügen.

Trotz dieser Unstimmigkeiten bleibt festzuhalten, dass der Gründungsstandort Deutschland überdurchschnittlich gute Rahmenbedingungen bietet. Vor allem in den Bereichen Öffentliche Förderprogramme, Priorität und Engagement im Bereich der Politik, Finanzierung, Wissens- und Technologietransfer, Schutz des geistigen Eigentums und Marktzugangsbarrieren. Diese guten Rahmenbedingungen machen sich die meisten Gründer auch zu Eigen. Insbesondere in Berlin: 46 Prozent aller Startup-Gelder flossen im Januar 2014 in die Hauptstadt! Und die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass sich in Berlin ein kontinuierlich wachsendes, sich ständig erweiterndes Netzwerk der digitalen Wirtschaft entwickelt, das sich im permanenten Wandel befindet. Gründer, Inkubatoren, Investoren und Finanzinstitute siedeln sich zunehmend an und spülen Geld in die Kassen der Stadt, die zwar als arm, aber sexy gilt. Noch.

In Puncto Gelingen und Gedeihen des Standortes ist es vor dem Hintergrund des viele Jahrzehnte lang geteilten Berlins meines Erachtens ohnehin absurd, einen Vergleich mit dem Silicon Valley anzustrengen. Berlin befindet sich derzeit quasi in der Pubertät, die man in den USA schon lange hinter sich gelassen hat. Wir sollten uns zufrieden geben, wenn wir jedes Jahr ein Stück näher kommen und uns auf das fokussieren, was viel entscheidender und zentraler ist: die Menschen vor Ort.

Eine kurze persönliche Anekdote dazu: Ich habe Berlin 2011 nach 8 Jahren verlassen. Wenn ich mich in dieser Zeit vor Menschen außerhalb Deutschlands vorstellen durfte, begann dies meistens mit “Ich komme aus Berlin”. Was als Reaktion stets große Bewunderung – und auch etwas Neid – hervorrief. Heute sage ich “Ich lebe in Hamburg”. Reaktion darauf: “Ah, that’s a really cool city. <silence> But what about Berlin?”.

Was will ich damit sagen? Berlin hat die Anziehungskraft, die Menschen, die Gründer, die Mutigen – die ein Scheitern als Chance sehen – in die Stadt zu locken. Und dieser Sog funktioniert weltweit. Und wer sonst kann Wandel, Innovation und “Zeitgeist” hervorrufen, als die Menschen selbst?

Berliner Freiheit, Copyright: Robert Neuhann

Berlin, wir in Hamburg freuen uns, dass wir dich haben. Dass wir über dich noch näher an den großartigen Menschen sind, die mit tollen Ideen den digitalen Wandel vorantreiben, die der Wirtschaft und der Politik neue Impulse geben, die Innovationen Bahn brechen und Neues erschaffen. Wir glauben fest an die Startup- und Digitalszene in Berlin, die mit ihrer Geschwindigkeit den Puls der Wirtschaft schneller schlagen lässt und deren Entwicklung wir nicht nur von unserem Berliner Büro beobachten, sondern an der wir von dort aus auch aktiv teilhaben.

 

Weiterführende Links:

Digitale Wirtschaft – Standortanalyse im Städtevergleich (PDF)
High-Tech-Gründungen in Deutschland (PDF)
Wachstumsbedingungen bzw. Wachstumshemmnisse für junge Unternehmen (PDF)
Deutscher Startup Monitor 2013 (PDF)