Die Welt geht derzeit durch einen umfassenden digitalen Wandel. Begriffe wie „Industrie 4.0“, „Internet der Dinge“, „vernetzte Kunden“, etc. sind fast täglich in den Medien zu lesen. Und mittlerweile wissen auch die meisten Unternehmen, dass sie um den Imperativ der digitalen Transformation nicht umhin kommen. So zeigt die Studie “Embracing Digital Technology” vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und Capgemini, dass mehr als drei Viertel der befragten 1.600 Entscheider die erfolgreiche digitale Transformation als zentrale Herausforderung für die nächsten Jahre sehen. Die Studienteilnehmer kommen aus allen möglichen Branchen – auch aus dem Bau- oder Bergbausegment: Zwei Drittel der Führungskräfte aus diesem Sektor glauben, dass sich der digitale Wandel erheblich auf ihre Branche auswirkt.

Schnell aufgesetzte Insellösungen schaffen kein dynamisches Ökosystem

Für die meisten Firmen beschränkt sich die Digitalisierung aber immer noch auf die E-Mail-Nutzung, den Web-Auftritt und den Einsatz von Business-Applikationen. Dabei ist die digitale Transformation kein Einführungsprojekt. Sie besteht nicht aus einzelnen Bausteinen. In E-Commerce zu investieren, ein Social Media-Team zu installieren und Baumaschinen mit Tablets auszustatten, sind zwar richtige Schritte für die aktuelle, drängende Situation. Allerdings reichen diese Maßnahmen nicht aus, um für die Zukunft gerüstet zu sein.

Das belegt auch eine aktuelle Untersuchung von Forrester Research. „The Future of Business is Digital“ hält fest, dass Unternehmen in den letzten Jahren ihre bestehenden Lösungen mit dem Label „Digital“ versehen haben, als ginge es nur darum, „Erster!“ zu rufen. „Schaut her, wir sind digital“, ist die Aussage, die CEOs ihren Investoren zurufen wollen. Jedoch schaffen diese schnell aufgesetzten Insellösungen kein dynamisches Ökosystem, welches das Unternehmen insgesamt digitalisiert und transformiert. Sie ermöglichen keine echte und nachhaltige Metamorphose, die den Erfolg auch über die nächste Dekade, die nächste Vorstandsära hinaus garantiert.

Vorstände haben keine Digital-Strategie

Doch warum gibt es in den Unternehmen keine klare, zentrale Digital-Strategie? Warum werden isolierte Einzelinitiativen installiert, die oft nicht mit-, sondern gegeneinander arbeiten? Warum verschließen Unternehmen nach wie vor die Augen vor den massiven und unausweichlichen Auswirkungen der Digitalisierung und begegnen ihnen maximal mit Silo-Mentalität?

Forrester Research, MIT und viele weitere führende Experten konstatieren: Es liegt am Vorstand. An der fehlenden Vision, an den falschen Köpfen, an der falschen Herangehensweise. Von Letzterer gibt es zwei Varianten, die die Vorstände bis dato meist vorgeben. Die eine ist, Mitarbeitern zu sagen: „Leg‘ einfach mal los und mach‘ was“. Die andere ist, spezialisierte Köpfe in bestimmten Organisationseinheiten einzusetzen und ihnen zu sagen: „Macht das, aber ich will nicht involviert sein.“

Es verwundert daher nicht, dass in nur 15 Prozent (!) der von Forrester befragten Unternehmen das Top-Management klare Ziele und Visionen für die digitale Transformation definiert hat und diese konsequent verfolgt. Ferner glaubt nur ein Fünftel, ihr Vorstand habe eine klare Digital-Vision, und genauso wenige Befragte denken, sie haben dafür das richtige Personal auf Führungsebene. Einige ließen sich gar zu der Aussage hinreißen, dass Manager über 50 nicht die Begeisterung, den Enthusiasmus und das Verständnis haben, wenn es um Digitalisierung geht.

Ohne Digital-Vorstand keine digitale Transformation

Dabei lautet die klare und unmissverständliche Empfehlung von führenden Experten weltweit: Die digitale Transformation muss von oben kommen, durch eigens benannte, explizit auf das Thema fokussierte Vorstandsvertreter – und dabei ist es völlig irrelevant, ob diese Person 30 oder 50 ist. Hauptsache er ist vom Typ „Digital Enthusiast“.

Denn: Die Digitalisierung wird kommen und alle Branchen verändern. Zwar kann keiner genau vorhersagen, wie Geschäftsmodelle in 50 Jahren aussehen. Sicher ist aber, sie werden anders aussehen. Daher müssen Vorstände jetzt Experten an Bord holen, die gemeinsam mit ihnen das Unternehmen in einer digitalen Welt definieren, organisatorische Silos aufbrechen, Grenzen sprengen und die gesamte Organisation behutsam in Richtung Digitalisierung wandeln. So schaffen sie bereits heute Wettbewerbsvorteile und sichern das Fortbestehen des Unternehmens auch über die nächsten Dekaden hinaus.

„Wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte“, sagte Gustav Heinemann. Das Einzige, was Vorstände brauchen, um den Veränderungsprozess in Gang zu setzen, ist der Wille und der Mut, auf Augenhöhe mit digitalen Führungsköpfen neue Wege zu gehen