Ich lernte Jan Honsel nach seinem Ausscheiden bei Gruner & Jahr zum ersten Mal persönlich kennen. Davor war mir nur der Name geläufig, da Jan ja einige spannende Titel mitverantwortet hat… Ich weiß gar nicht, ob er gebürtiger Hamburger ist – er ist aber auf jeden Fall das, was man in Wikipedia vorfinden würde. Offen, zurückhaltend, unprätentiös und geradeheraus. Das habe ich an ihm schätzen gelernt. Als er mir sagte, er könnte sich gut vorstellen, in einem Social-Media-Unternehmen zu arbeiten, zweifelte ich an seiner Aussage. Ich sah ihn eher in einer COO-Funktion in einem mittelständischem Unternehmen; vielleicht liegt es auch daran, dass man einem G&J-Manager nicht unbedingt die Digitalkompetenz als erstes abnimmt. Oftmals übrigens eine Fehleinschätzung. Mit Passion, die mich an den früheren Facebook-Deutschland-Chef F. Scott Woods erinnerte, wühlte er sich seinen Weg bei Pinterest durch und bekam die Position des Deutschland-Chefs. In dieser Rolle hat er mich massiv überzeugt, dass der Karriereweg für ihn der richtige war und vor allem das Unternehmen sehr stark von ihm profitiert. Sicher war er am richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, aber das gehört nun mal dazu. Und so kann er seinen Teil zum Erfolg von Pinterest beitragen und macht dies mit seinem Team so authentisch, dass man angesteckt wird. Lernen Sie Jan hier ein wenig kennen, denn ich bin mir sicher – wir werden noch viel von ihm lesen und hören!

Und denken Sie dran, in genau fünf Monaten ist Heiligabend – schauen Sie doch mal bei Pinterest nach Geschenken…

Genießen Sie das Wochenende und bis nächste Woche

Ihr
Harald R. Fortmann

Jan_Honsel_Pinterest

1) Was wolltest du als Kind werden?

„Anwalt“, weil ich die US-Anwaltserien immer spannend fand. Gleichzeitig fand ich „Unternehmer“ immer spannend. Etwas schaffen und bewegen zu können, etwas herzustellen, fand ich sehr reizvoll.

2) Wie würden deine Mitarbeiter deinen Führungsstil beschreiben?

Partnerschaftlich-kompetent. Ich war selbst nie ein Freund autoritärer Führung. Ich wollte nichts „gesagt“ bekommen, sondern inhaltlich überzeugt, begeistert werden. Ich hatte Glück: Ich habe als Mitarbeiter immer solche Führungskräfte als meine Chefs gehabt und möchte auch so für meine Mitarbeiter sein. Dies ist bitte nicht mit „der freundliche Onkel Chef“ zu verwechseln. Ansagen, Forderungen, Feedback gibt es bei mir auch. Ich setze Rahmen und erwarte eigenverantwortliches, unternehmerisches Arbeiten. Ich möchte in und mit einem Team arbeiten, was mir aus Überzeugung folgt und nicht weil es das muss. Nur so sind Restrukturierungs-, Transformations-, und auch Wachstums-Herausforderungen zu meistern.

3) Und wie du selbst?

Partnerschaftlich-kompetent.

4) Stichwort War for Talents: Wie gelingt es dir, die besten Mitarbeiter zu finden?

Mit einer tollen Marke, einem tollen Produkt, einem tollen Team und spannenden Aufgaben. Wer etwas gestalten möchte, ist bei uns richtig.

5) Und wie hältst du sie?

Mit einer tollen Marke, einem tollen Produkt, einem tollen Team und spannenden Aufgaben. Im eigenen Land etwas Neues, Großes zu schaffen und dabei Teil eines spannenden internationalen Teams zu sein, was wiederum Teil eines tollen globalen Teams mit tollen Kollegen in den USA ist, ist sicherlich eine Aufgabe, die es nicht so häufig gibt. Pinterest gibt es zwar schon 5 Jahre, aber das Produkt ist noch lange nicht am Ende seines Potenzials – im Gegenteil, es kommt mir oft so vor, als ob wir gerade erst anfangen.

6) Was bedeutet der digitale Wandel für dich im Alltag und auf der Arbeit?

Wir sind Teil des digitalen Wandels.

Früher haben Menschen aus Magazinen etc. Dinge herausgerissen, die sie interessierten und diese irgendwo gesammelt und wenn es ging, dann auch etwas damit gemacht, z.B. ein Rezept gekocht, versucht ein Produkt irgendwie/-wo zu beziehen und mal ein Hotel auszuprobieren. Um sich Inspirationen zu holen, mussten sie sich meist auf die Magazine ihres Vertrauens, später dann Webseiten die sie kannten, verlassen. Selbst Google hilft beim Entdecken von Themen, beim Gewinnen von Inspirationen, nur bedingt weiter. Mit bspw. Pinterest kann man all das und mehr erreichen. Wir begleiten unsere Nutzer vom ersten Grundgefühl („Ich glaub ich sollte zuhause mal etwas verändern“) bis zum konkreten Umsetzungspunkt („Diesen alten Bauerntisch hier, den möchte ich für meinen Essbereich haben“). „Discover. Save. Do“ ist unser Credo.
Auf der anderen Seite stellt uns der konstante technologische Wandel natürlich auch vor Herausforderungen. Neue Programmieroptionen, neue Endgeräte, neue Anzeigenformate etc. etc. Vom User Onboarding bis zum Produktdesign müssen wir uns ständig neu erfinden. Auch deshalb wird unsere App bspw. alle drei Wochen aktualisiert. Dieser Wandel macht ja aber auch Spass. Am Ende gilt: „Disruption ist the new normal“

7) Die Risiken der Digitalisierung stehen oftmals im Vordergrund, wir möchten das Positive herausheben. Welche Chancen ergeben sich deiner Meinung nach durch sie?

Kurz: Nahezu unendlich viele. Endlich kann ich Kundenunzufriedenheit deutlich sichtbar machen, sie antizipieren. Ein Shitstorm ist ein Segen! Unmut, Unzufriedenheit, die ansonsten in irgendeinem Call-Center oder Postfach versauerten, ist nun für jeden sichtbar, weitere Kunden steuern ggf. ihre Sicht bei oder verteidigen sogar mein Produkt, man kann reagieren, man kann sich daran reiben und entwickeln! Tolle Chance. Im Marketing konnte ich noch nie so viel Aufmerksamkeit so gesteuert generieren und lenken. Tolle Chance. Völlig neue Geschäftsmodelle entstehen, alte werden besser. Ich las gerade den Ausspruch „Erfolg ist die größte Innovationsbremse, weil man mehr zu verlieren als zu gewinnen hat“ von Richard Gutjahr und Recht hat er. Druck von Außen ist oftmals etwas Gutes, denn er regt an, sich zu hinterfragen, sich zu entwickeln. Also, ich finde die Digitalisierung großartig.

8) Welche Schritte in Richtung digitale Transformation hast du in deinem Unternehmen angestoßen?

Grundsätzlich sind wir ein digitales Unternehmen, da müssen wir uns nicht mehr digital transformieren. Gleichwohl gibt es viele andere Herausforderungen. Zum Beispiel ist Pinterest 2010 in einer Desktop-Welt gestartet, heute bewegen wir uns in einer Mobile-Welt. 80 Prozent unserer Usage ist mittlerweile mobil. Auf dem kleinen Screen haben wir viel weniger Platz – wie löst man das aus Designsicht? Für welche Devices entwickle ich welche Features? Wir haben nun 50 Mrd. Pins im System und jedes Quartal kommen mehr als 25 Prozent hinzu. Wie gehe ich mit dieser Datenmenge um? 40 Prozent der User sind mittlerweile außerhalb der USA zu Hause – wie entwickle ich mich als Company von einem kalifornischen Silicon Valley-Player zu einer globalen Unternehmung? Welche Länder-/Sprachversionen kommen zuerst an den Markt? Wo starten wir ein Feature, in den USA oder international? Wie stelle ich sicher, dass die US-Kollegen unsere Markt- und User-Besonderheiten verstehen? All dies und viele weitere Herausforderungen haben wir jeden Tag zu gestalten. Und zudem helfen wir Marken, Publishern, Commerce-Anbietern bei ihrer Herausforderung der digitalen Transformation mit unserem Produkt.

9) CEO, CDO, CIO, CTO, CMO, CFO, … – wer sollte die Digitalisierung der Unternehmen vorantreiben und warum?

CEO. Wenn er, oder sie, den nötigen „sense of urgency“ und das Interesse an der Digitalisierung hat, dann werden alle Disziplinen erfolgreich miteinander an einem Ziel arbeiten. Ein CDO ohne entsprechendes Backing, ein CMO, der zwar die Klaviatur des modernen Marketings spielen kann, aber einen CSO oder CEO neben / über sich hat, der am liebsten noch mit dem Kastenwagen über die Dörfer fährt, um in einem Ringblock die Bestellungen aufzunehmen, wird scheitern. Bei der Digitalisierung sollte gelten: Der Fisch riecht appetitlich vom Kopf!

10) Wandel ist stets eine Herausforderung. Wie kann es gelingen, dabei alle Mitarbeiter mitzunehmen?

Durch Transparenz, Aufklärung, Schulung, Organisation. Eine Organisation von 4.ooo Mitarbeitern, in der 3o ganz fit sind, was die Digitalisierung angeht, wird weniger erfolgreich sein als eine, in der alle oder der Großteil fit ist. Und frisches Blut ist wichtig. Dieses sollte man mit altem Blut mischen. Alter und/oder Erfahrung ist ja nicht per se schlecht, sondern zumeist sehr wertvoll. Neue Köpfe bringen neue Denke und neue Fragen – zusammen eine erfolgsversprechende Mischung.

11) Digitaler Enthusiasmus ist für dich?

Mein täglicher Antrieb.

Vielen Dank, Jan!

Jan Honsel im Netz: kressLinkedInPinterestTwitter, XING

Vorherige “Digital-Checks”:

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Foto: Pinterest